Mittwoch, 19. August 2009

Realität auf den Islas Canarias - Gefahren für UNESCO Biosphärenreservate

Die Inseln El Hierro, La Palma und Lanzarote werben u.a. damit, UNESCO-Biosphärenreservate zu sein.

UNESCO-Biosphärenreservate sind international repräsentative Modellregionen. In ihnen wird nachhaltige Entwicklung verwirklicht. Damit werben die UNESCO-Biosphärenreservate für den Ausgleich der häufig konkurrierenden Interessen von Nutzung und Bewahrung, Umweltschutz und Wirtschaft, für ein Zusammenleben von Mensch und Natur.

Die UNESCO-Mitgliedstaaten können Gebiete als Biosphärenreservate vorschlagen, die dem Schutz und dem Erhalt von Lebensräumen dienen. Die ausgezeichneten Gebiete müssen einerseits für bestimmte Landschaftstypen charakteristisch sein und andererseits modellhaft nachhaltige Entwicklung umsetzen.

Als Modellregionen sind sie Freiluftlabore, um innovative Methoden zu testen und vorzustellen, wie Natur und menschliche Nutzung durch optimales Management in Einklang gebracht werden können.
Modellprojekte für nachhaltige Entwicklung umfassen alle Aspekte der Bewahrung des ökologischen Reichtums, der Förderung eines funktionsfähigen gesellschaftlichen Zusammenlebens und der wirtschaftlichen Nutzung durch die Bevölkerung.

Soweit zur Theorie, aber wie sieht es in der Praxis der beiden Inseln La Palma und Lanzarote aus?
Um es vorwegzunehmen, normalerweise müsste die UNESCO diesen Inseln den Status als Biosphärenreservat schnellstens aberkennen, denn von einer sog. nachhaltigen Entwicklung ist man dort in der Praxis weit entfernt. Viele behaupten sogar, man sei nachhaltig dabei, die Inseln unüberlegt schwer zu beeinträchtigen.
Letzteres ist leider die traurige Wahrheit.

In einigen Regionen dieser Inseln haben korrupte Amtswalter in bewährter Zusammenarbeit mit spanienweit bekannten Lobbyisten der Bauindustrie bereits "Freiluftlabore für architektonische Krebsgeschwüre" im Weltbiosphärenreservat geschaffen, die den Charakter ganzer Landstriche nachhaltig beeinträchtigen.
In bestimmten Gebieten dieser Inseln, meist dort, wo Touristen inzwischen kaum noch logieren möchten, stellt sich dann meist auch eine sog. "Ruinisierung" ein. So verkommen in den älteren Ferienzentren Lanzarotes viele Bauten inzwischen zu "architektonischen Kadavern".
Dabei wollte der in Arrecife gebohrene Künstler César Manrique das Naturparadies Lanzarote gerade vor den Auswüchsen der Spekulation und des Massentourismus schützen, die schon den Süden Gran Canarias und Teneriffas völlig enstellten. Der drohende Touristenansturm auf Lanzarote sollte in umweltverträgliche Bahnen gelenkt werden, um die Identität der Insel zu wahren.
Er schlug eine "Transformation in eine Ideallandschaft" vor, in der Natur und architektonische Kunstfertigkeit miteinander harmonieren sollten. Gerade dem naturschützerischen Engagement des Künstlers war es zu verdanken, dass Lanzarote 1994 - Manrique verstarb bei einem Unfall in Haria 1992 - zum UNESCO-Biosphärenreservat ernannt wurde, was aber die bauliche Verunstaltung des Südostens der Insel nicht verhinderte. Hier eine Oberansicht des Wahnsinns

Ein "urbanistisches Krebsgeschwür" überwuchert heute einen acht Kilometer langen Küstenstreifen mit traumhafter Sicht auf die Vulkangebirge von Lobos und Fuerteventura. Die Katastrophe reicht inzwischen bis zu den geschützten Papagayo-Stränden. Das einst fast alleine stehende Castillo de las Coloradas ist inzwischen vom Hotel Gran Meliá Volcán "umbaut". Im Eiltempo wurden Bungalowanlagen und Nobelherbergen mit mittlerweile 20 000 Betten in die Landschaft "erbrochen"

Den Betonbunker "Papagayo Arena"
will das spanische Umweltministerium gar abreissen lassen, um ein Zeichen gegen die fortschreitende Verschandelung des Biosphärenreservats zu setzen.



Hintergrund:

Ein Drittel der Luxushotels auf der spanischen Ferieninsel Lanzarote sind "El País" zufolge illegal. Das oberste Gericht der Kanarischen Inseln habe seit dem vorigen Sommer insgesamt 22 Baugenehmigungen für Hotelanlagen kassiert, berichtete die Madrider Tageszeitung heute. Dazu gehörten die Genehmigungen für acht der insgesamt 25 Vier-Sterne-Hotels auf der Kanaren-Insel.
Beim Bau der Anlagen sei gegen einen auf Lanzarote geltenden Baustopp verstoßen worden. Die Verwaltungsbehörden hatten im Jahr 2000 entschieden, zum Schutz der Umwelt die touristische Entwicklung auf Lanzarote einzuschränken und Qualitätstourismus zu fördern. Die Genehmigungen wurden laut "El Pais" vor allem von den zwei Kommunen Yaiza und Teguise auf der Vulkaninsel erteilt, die damit gegen das Moratorium verstießen. Die Justiz ermittele, ob sich Verantwortliche der Gemeinden bei der Vergabe von Baugenehmigungen hätten bestechen lassen. Das Investitionsvolumen der 22 illegal genehmigten Gebäude beläuft sich dem Bericht zufolge auf 270 Millionen Euro, insgesamt handelte es sich um mehrere tausend Betten. Sollte die Inselverwaltung die Vollstreckung des Gerichtsurteils fordern, müssten die Anlagen zerstört werden. Gegen zahlreiche weitere Hotels seien Gerichtsverfahren anhängig, schrieb die Zeitung. Davon seien insgesamt 23 Prozent der Unterkünfte auf Lanzarote betroffen.

Dazu gehören so beliebte und luxuriöse Häuser wie das Hotel Meliá Volcan, das Iberostar Papagayo, das Natura Palace und das Hotel Princesa Yaiza. Die Justiz hat bislang 7.721 touristische Betten anulliert, weitere Verfahren stehen noch aus, bis 15.000 Hotelbetten könnten für illegal erklärt werden.

So läuft das im UNESCO Biospärenreservat. Da kann einfach das realisiert werden, was die "Baumafia" sich in Zusammenarbeit mit den örtlichen "Verwaltungshelfern" in den Kopf gesetzt hat.
Und niemand tut etwas, auch die UNESCO nicht.


Pikanterweise wird aber jetzt darüber diskutiert, ob man denn solche Illegalbauten überhaupt abreissen könne, weil man dadurch ja Millioneninvestitionen zerstöre.
Verkehrte Welt, kann man da nur sagen. Das kommt einer Einladung an alle "Illegalbauer" gleich, doch erst einmal fleissig das in´s Werk zu setzen, was später aus "übergeordneten Erwägungen" ohnehin nicht mehr abgerissen werden dürfte.
Auf Lanzarote, insbesondere in Playa Blanca, Costa Teguise und Puerto del Carmen, ist vermutlich auch wirklich nichts mehr zu retten.


Da hilft nur noch das, was ein völlig enttäuschter Manrique empfahl, als der Konzern Rio Tinto, - Manrique war mal künstlerischer Berater des Konzerns- der die gut zehn Quadratkilometer große Küstenzone von Teguise touristisch erschliessen sollte, der später aber das Land wegen finanzieller Schwierigkeiten der Landspekulation auslieferte, was dazu führte, dass statt der ursprünglich geplanten Feriendörfer zahllose anonyme Apartmentanlagen und Hotelkästen enstanden:
"In die Luft sprengen."

Jetzt haben sich die "Täter" das nächste UNESCO Biosphärenreservat des kanarischen Archipels vorgenommen, auf dem es nach ihrer Ansicht offenbar noch viel "in´s Werk zu setzen" gibt: LA PALMA


In Zusammenarbeit mit den örtlichen "Verwaltungshelfern" ist dabei ein sog. Tourismusplan entstanden, der das Biosphärenreservat im wahrsten Sinne des Wortes "ummodelieren" dürfte.

Schon bei der völlig ausser Kontrolle geratenen "Platanisierung" der Insel, die mit einer "christoartigen Verpackung" ganzer Landstriche einherging, hätte man mäßigend eingreifen müssen, aber jetzt droht wirklich der Untergang von "TIFKALIB" (The Island Formerly Known As "La Isla Bonita").


Dieser Tourismusplan, der von den "Freunden" der Regierungskommission COTMAC, die oberste Instanz auf dem Archipel in Sachen Bau- und Urbanisationsgenehmigungen, - da arbeiten vermutlich vorwiegend sog. "Doppelverdiener" = ein Staatsgehalt und eines von den Investoren - natürlich voll abgesegnet wurde, ist ein Machwerk des Wahnsinns.


5 (in Worten: fünf) Golfplätze und 20.000 neue Hotelbetten, die derzeitige Auslastungsquote der vorhandenen Hotels beträgt übrigens unter 40%. Was das für die Insel bedeuten könnte, sieht man an den bisherigen Architekturversuchen in La Palmas "Tourismushochburgen" Puerto Naos und Los Cancajos, von Palmeros auch "Elefantenfriedhöfe" genannt.

Ein ganz besonderer Vorgeschmack auf das, was da an Küsten noch zu erwarten ist, dürften die beiden Hotels La Palma Princess und Teneguia Princess sein, die damals übrigens auch unter Verstoß gegen ein Moratorium für Tourismusbauten errichtet wurden. Man hat später ein wenig an der Bettenzahl korrigiert und so können die Hotels heute betrieben werden. Italienische Investoren haben sich dort verewigt.
Mitten in einer Landwirtschaftszone hat man zwei Hotels mit einer rekordverdächtigen Anzahl von Pools errichtet, weil man in Hotelnähe keine natürlichen Strände vorfindet.
Von der Lage her kann man die Hotels als einsam stehend bezeichnen. Weit und breit nur Bananenplantagen auf jungen Vulkanböden. In vielen Monaten ist man als Hotelgast dort auch fast allein. Manchmal halten sich im Hotel mehr Bedienstete als Gäste auf! Es gibt wirklich schlimmere Bausünden auf den Islas Canarias, das stimmt wohl, aber Sinn machen die beiden Hotels dort nun wirklich nicht.
Egal, es geht ja auch nicht um Sinnhaftigkeit, sondern darum, etwas zu errichten, was man vermutlich woanders, da wo besser aufgepasst wird, niemals in die Tat umsetzen könnte.
Islas Canarias halt! Mit dem grandiosen Touristikmodell La Palmas hat sich inzwischen auch Greenpeace beschäftigt. Das ist wirklich keine Werbung für die "Isla Bonita", was man von den Umweltschützern liest.
Hoffentlich sehen auch die Verantwortlichen der UNESCO langsam Handlungsbedarf, sonst wird die "Modellregion, das Freiluftlabor La Palma", bald irreversibel verändert.


Greenpeace kritisiert Touristikmodell von La Palma


Die Organisation Greenpeace nahm eine Bewertung der Eigenschaften und Einrichtungen von La Palma für einen nachhaltigen Tourismus vor und kam zu einem negativen Ergebnis. Das insulare Touristikmodell sei unhaltbar und insbesondere die Projekte seien hinsichtlich der Erstellung von Golfplätzen auf der Insel bezüglich eines ökologisch sinnvollen Tourismus unzumutbar, wird von den Uweltschützern bemängelt. Die Naturschützer kritisieren, dass das praktizierte Touristikmodell der Deklarierung La Palmas als Weltbiosphärenreservat in jeder Hinsicht widerspreche und dass es an einem Ort, an dem die Konstruktion und Ausweitung der Infrastruktur rund um das Transportwesen (Ausbau des Flughafens und die neue inseldurchquerende Schnellstraße) und die Häfen (Ausbau des Hafens von Tazacorte) solche Ausmaße angenommen habe, dass keine Nachhaltigkeit mehr feststellbar sei.

Greenpeace bedauert, dass diese Maßnahmen auf einer Insel ergriffen würden, die eine klare Planung für einen nachhaltigen Tourismus haben sollte. La Palma sollte sich dabei von den anderen Inseln auf dem kanarischen Archipel klar abheben.


Auf La Palma hat man halt keinen PLAN, das war dort schon immer so!
Nur die "Bananenentsorgung" hat man dank eines wirklich bestechend wirksamen Plans voll im Griff.

Allein von Juni bis Mitte Juli seien auf den Kanaren 8.430.000 Kilogramm der süßen Frucht auf gigantischen Müllbergen gelandet. Etwa die Hälfte davon wurde auf La Palma produziert. Die traurige Realität sieht so aus, dass die Ernte klassifiziert und verpackt wird, aber dann statt zum Hafen zum Abtransport in einen Container wandert. Hunderte Container fahren zu den Entsorgungsstellen.

Man kann nur hoffen, dass die EU diesen Wahnsinn irgendwann beendet!

Es gibt in der Nähe La Palmas schon ein Beispiel dafür, wie man in einem UNESCO Biosphärenreservat einen nachhaltigen Tourismus entwickeln kann: EL HIERRO

Bereits Ende 2009 wird die Insel die erste große bewohnte Insel der Welt sein, die ihren gesamten Energiebedarf aus erneuerbaren Quellen bezieht. Auch beim öffentlichen Transport fährt die Inselregierung auf der ökologischen Schiene und stattete die Busse mit Hydrogen als Treibstoff aus.
Ein Meeresschutzgebiet (Reserva Marina), eines der ersten auf den Kanaren, wurde mit sehr großem Erfolg ausgewiesen. Durch das Fischfangverbot hat an der Punta de La Restinga der Fischreichtum unheimlich zugenommen. Das kurbelt nicht nur den wichtigen Tauchtourismus an, sondern gibt auch dem Beruf des Fischers wieder bessere Zukunftschancen.

Der Weg, den El Hierro geht, ist vorbildlich. Alles ist aufeinander gut abgestimmt.
Man setzt auf regenerative Energien und Qualitätstourismus, der sich der Insel anpasst.
So sollte man auf La Palma auch agieren.

Das Urlaubergeschäft auf der kleinen Insel wird streng limitiert, lt. neuen Richtlinien werden die Obergrenzen für das Unterkunftsangebot auf 1 Gästebett pro 3 Einwohner beschränkt.

Die Inselregierung hat im Tourismusplan festgelegt, dass nur in einigen wenigen Küstengebieten neue Hotels gebaut werden dürfen, wobei man sagen muss, dass es bisher fast keine in Küstennähe gibt.
Insgesamt soll es nicht mehr als 2.000 neue Betten geben und die Hotels müssen vier oder fünf Sterne haben.

Nach dem Tourismusplan der Insel La Palma sollen aber bis zu 25.000 NEUE Gästebetten in 13 NEUEN Touristenzentren und weiteren Sonderprojekten entstehen.

Was man mit fünf Golfplätzen machen will, erschließt sich nun wirklich keinem Menschen. Wer golfen will, kann das auf den Islas Canarias schon in zahlreichen Anlagen auf anderen Inseln tun und diese Inseln sind i.d.R. dauerhaft auch noch erheblich besser zu erreichen als La Palma, ausserdem bieten sie das für typische Golftouristen notwendige Luxusumfeld in einem viel größeren Ausmaß als dies auf La Palma je möglich wäre.

FAZIT:
Die UNESCO kann nicht weiter tatenlos dulden, dass Biosphärenreservate wie die Inseln La Palma und Lanzarote unter Mitwirkung örtlicher Verwaltungen vorsätzlich "vergewaltigt" werden.
Das Schlimme ist, dass diese Inseln auch noch mit dem Status Biosphärenreservat werben, obwohl dort die sich aus diesem Status ergebenden Verpflichtungen in keiner Weise eingehalten werden.

Notfalls muss die UNESCO diese Ernennungen wegen erwiesener, dauerhafter und gravierender Verstöße gegen die Richtlinien, welche eine Ernennung zum UNESCO Biosphärenreservat überhaupt erst rechtfertigen, zurücknehmen.