Dienstag, 9. Juni 2009

Küstenschutz - Kann Costas Ausnahmen machen? (2)

Im ersten Teil hatte ich den Fall Anexo II auf Gran Canaria beleuchtet und war auf die Presseberichterstattung zum Thema eingegangen.

Wenden wir uns nachfolgend einigen anderen interessanten Einzelfällen zu:

1. La Palma - Der Fall "Punta Larga" (ERLEDIGT, weil abgerissen)
Punta Larga liegt auf La Palma und die abgerissene Siedlung war schnell auf einer öffentliche Straße erreichbar. Ganz in der Nähe wurde in den letzten Jahren ein riesiger Hotelkomplex errichtet, den Eingeweihte nur "die Prinzessinnen" nennen. Meines Wissens nach gab es dort eine Stromversorgung, ich will das aber nicht sicher behaupten.
Punta Larga

2. La Palma - Der Fall Faro Fuencaliente (ERLEDIGT, weil abgerissen!)
Bis auf den Faro oder besser die beiden Faros, wurden alle Gebäude abgerissen. Ein beliebter Kiosko gehört, wie auch in Punta Larga, der Vergangenheit an! Leuchtturm Fuencaliente


3. La Palma - Der Fall Playa Nueva (ERLEDIGT, weil abgerissen)
Auf La Palma, mitten in den Bananen gelegen, war das einer meiner Lieblingsplätze. Von Fisch bis Drogen gab es da alles. Schnell erreichbar über eine Straße (Sackgasse). Postalisch waren die Menschen am Playa Nueva auch erreichbar, denn viele hatten dort sogar ihren ersten Wohnsitz.
Meiner Meinung nach war die Siedlung auch verstromt, wie auch immer. Die Siedlung ist jedenfalls heute verschwunden. Playa Nueva

4. La Palma - Der Fall El Remo (teilweise gelöst, weil urbanisiert)

Die Siedlung El Remo kennt im Westen La Palmas wirklich jeder. Unter Touristen hat der Ort sowohl eingefleischte Fans als auch fassungslose "Hasser", die im Zusammenhang von El Remo auch von einer "Favela" sprechen.
Ich habe da schon gewohnt und für mich ist El Remo etwas ganz Besonderes.
Die Gemeinde Los Llanos hat vor kurzer Zeit eine Urbanisierung des Ortes eingeleitet und einen entsprechenden Bauleitplan erlassen.
Das wird zwar nicht alle Häuser retten, aber sorgt zumindest dafür, dass die "Schutzone", sie kommt nach der Meeres-Strandzone, nur 20 statt 100m breit sein wird.
Das wird zwar nicht alle Häuser retten, aber in El Remo wird es auf jeden Fall weiter Menschen mit Wohnsitz geben.
Schwarz sehe ich aber für die Häuser in der ersten Reihe, wo der Atlantik sich häufig auf der Veranda bemerkbar macht.
Hier mal der Link zu Google Maps, da kann man die Nähe vieler Häuser zum Wasser sehen
Die letzten Häuser an der Seelinie in Richtung Puerto Naos werden touristisch genutzt. Ich werde sie vermissen, wenn "Costas" ernst macht!!
El Remo ist problemlos mit dem Auto auf einer öffentlichen Straße erreichbar und voll elektrifiziert. Die Siedlung ist Ziel vieler Spaziergänger aus dem Tourismus Ort Puerto Naos mit dem Hotel Sol La Palma.
Ich habe auf der "Bahn" zwischen Playa Nueva und El Remo schon einige Laufschuhe "abgelaufen".

5. La Palma - Der Fall La Bombilla (derzeit noch unerledigt) La Bombilla

La Bombilla ist problemlos mit dem Auto erreichbar und hat einen beliebten Kiosko. Teilweise werden Apartamentos vermietet. Puerto Naos mit dem Hotel Sol la Palma ist in 10 - 15 Minuten zu Fuß erreichbar.

6. Lanzarote - Der Fall Tenesar (Noch nicht erledigt!):
C.E. aus Mala schreibt in ihren Lanzarote Nachrichten:
22.5.2009 Tenesar: Bewohner demonstrieren gegen Küstenbehörde ‘Costas’
Am vergangenen Mittwoch wurde bekannt gegeben, dass die Küstenbehörde Costas das Verfahren in die Wege geleitet hat, in Tenesar jene Bereiche der Schutzzone, auf denen Privathäuser stehen, wieder allgemein zugänglich zu machen.
Im Klartext heißt das, dass alle Häuser von Tenesar, die in der Schutzzone stehen (s. Skizze unten), abgerissen werden müssen, sofern nicht innerhalb der im öffentlichen Anzeiger BOC genannten 8tägigen Frist juristisch durchschlagende Einwände erfolgen.
Heute fand in Tenesar eine Demonstration gegen das Vorgehen der Küstenbehörde und den drohenden Abriss der Häuser statt. Auf einem der großen Spruchbänder stand: “Die Bewohner von Tenesar verstehen nicht, warum Costas die Tradition zerstören möchte“.
Die Häuser von Tenesar sind mehr als 40 Jahre alt und werden nur noch an Wochenenden und in den Ferien bewohnt. Die Bewohner schätzen als Ausgleich zum hektischen Alltag das einfache Leben mit engen nachbarschaftlichen und familiären Kontakten und ohne öffentliche Strom- und Wasserversorgung. Das Fehlen dieser Infrastruktur ist allerdings für Costas ein Indiz dafür, dass es sich bei Tenesar nicht um ein urbanes Gebiet handelt. In städtischen/urbanen Gebieten ist die Schutzzone lediglich 20 m, außerhalb dieser Gebiete 100 m breit.


So sieht es in Tenesar aus:



Alles ganz schön nah am Meer!

Für das Gebiet gibt es auch keinen Bebauungsplan. Strom- und Wasserversorgung auch nicht.
Man kann diese Siedlung aber bequem mit dem Auto erreichen.

7. La Gomera - Der Fall Castillo del Mar (noch nicht erledigt)
Dieser Fall ging und geht auch durch die deutsche Presse. Thomas K. Müller versteht es, die Öffentlichkeit einzubinden.
Weniger gut scheint er öffentliche Verwaltungsträger einzubinden.
Unlängst, Tagoror-TV berichtete, erhielt er für Teile seines Castillos eine sog. Rückbauverfügung. Ich gehe davon aus, dass er zunächst Rechtmittel eingelegt hat.
Aus dem Castillo del Mar hat Thomas K. Müller ein veritables Kulturzentrum am Meerestrand gemacht, das muss man neidlos bestätigen. Nach eigenen Bekundungen hat der dabei große Teile seines Vermögens eingesetzt.
Jetzt droht ihm der Rückbau des Castillos, der Abriss eines Zusatzgebäudes und evtl. sogar die Einstellung des Gewerbebetriebes.
Ein sehr spannender Fall, auf den ich schon eingegangen bin (Label Küstengesetz).
An diesem Fall kann man meiner Meinung nach die Subsumtion des Lebenssachverhaltes unter die gesetzlichen Regelungen des Küstengesetzes (Ley de Costas)gut üben.
Das Castillo verfügt über keine Stromversorgung. Meines Wissens nach auch nicht über eine "normale" Zu- und Abwasserversorgung. Ob dort ein Bebauungsplan besteht, entzieht sich meiner Kenntnis.

Ich bin der Meinung, dass es sich in diesem Fall um eine Lage im Meeres-Strandzonenbereich handelt, wie ich in einem anderen Post schon ausführte. Selbst wenn das Gebäude in der Schutzzone liegen sollte, so war und ist die konkrete Nutzung in jedem Fall mit der Küstenbehörde abzustimmen.

Das dies nicht geschehen ist, legt die Begründung der Rückbauverfügung nahe.

Die "Demarcación de Costas de Canarias“ (kanarische Delegation der Küstenbehörde) hat beschlossen gegen Thomas Müller, den Pächter des Castillo del Mar, eine Strafe in Höhe von 5.591,67 Euro zu verhängen. Außerdem muss innerhalb von 10 Tagen der Rückbau des Castillo del Mar erfolgen. Sollte der am 19.02. im offiziellen Boletin der Provinz bekanntgegeben Verfügung nicht Folge geleistet werden sollen schärfere Maßnahmen ergriffen werden.

Im einzelnen handelt es sich hierbei wohl um sämtliche Anbauten auf der Veranstaltungsfläche (Bühne), zusätzliche Holzdächer, Säulen und das zusätzlich errichtete Gebäude direkt vor dem Castillo del Mar. Bei diesen Anbauten handelt es sich nach Ansicht der Küstenbehörde um ungenehmigte Bauprojekte und somit um eindeutige Rechtsverstöße.

Gegen diese Verfügung hat Thomas Müller ein Einspruchsrecht von einem Monat.

Castillo del Mar
Der Fall bleibt spannend!

8. La Palma - Playa de la Veta, Schmugglerbucht von Tijarafe u.a. (noch nicht erledigt!)
Vor einiger Zeit war in der Presse über einen Besuch der Vertreter zweier Gemeinden der Insel La Palma beim Umweltministerium in Madrid zu lesen.
Die Vertreter von Puntagorda und Tijarafe waren wegen der an den Küsten liegenden beliebten Wanderziele vieler Touristen besorgt, an denen möglicherweise auch ein Abriss vieler Gebäude wegen Verstoßes gegen das Küstengesetz droht.
Hier mal einige Eindrücke der in Frage stehenden Wanderziele am Meer.





All diese Bauten dürften in der Meeres-Strandzone liegen.

Auch Dünen und die vom Meer aus ansteigenden Felsenküsten gehören bis zu ihren Gipfeln zur Meeres-Strandzone.


Müssen solche Bauten wirklich abgerissen werden?
Worin unterscheiden sich letztere Fälle von den unter den Punkten 1-7 behandelten Fällen?

Zunächst kann man allen betroffenen Eigentümern nur dazu raten, gegen jede Maßnahme der Küstenbehörde Rechtsmittel einzulegen.
Das kann schon bei der Markierung der Meeres-Strandzone geschehen, denn vorher werden ja Eigentümer und Gemeinde angehört.
Desweiteren sind gegen weitere Maßnahmen, wie z.B. Abrissverfügungen, Rückbauverfügungen, Enteignungen etc., Rechtsmittel möglich.
Letztlich geht es für die Eigentümer um wichtige Fragen:
a) Verliere ich mein Eigentum in der Meeres-Strandzone?
b) Wird mein Gebäude möglicherweise abgerissen?
c) Kann ich Nießbrauch beantragen?
d) Genieße ich Bestandschutz, weil mein Gebäude vor 1988 legal errichtet wurde?
e) Wie lässt sich d) beweisen?
f) Ist mein Gebäude vielleicht von historischer Bedeutung?
g) Muss ich die Gebäudenutzung in der Schutzzone ändern?
h) Welche Rechte stehen mir gegen den Verkäufer eines Grundstückes zu, an dem man kein Privateigentum erwerben konnte?
i) Kann ich das Gebäude ausbauen?
f) Kann ich den Nießbrauch übertragen?
h) Kann ich von der Gemeinde Entschädigung verlangen, die Baugenehmigungen erteilt und Bebauungspläne erlassen hat?
u.s.w.

Ich gebe zu: Das sind eine Menge Fragen.
Auf einige bin ich in meiner Küstengesetz Serie schon explizit eingegangen.

Im Gesamtzusammenhang muss eines besonders betont werden:
Es handelt sich hier i.d.R. um Einzelfallentscheidungen.
Allein die Frage, ob ein Gebäude vor 1988 LEGAL errichtet wurde, kann in vielen Fällen gar nicht so einfach beantwortet werden.
Was war vor 40 Jahren? Das ist gerade in Bezug auf Bauten auf den Islas Canarias häufig schwierig zu ermitteln.
Waren Gebäude an der Küste vielleicht mal für den Fischfang von Bedeutung und wurden deshalb errichtet?
Ein Korrespondent berichtete mir aus La Palma, dass er an einigen Hütten an den unter Punkt 8. abgebildeten Playas sog. Aufforderungszettel der Behörde fand, in denen der Eigentümer aufgefordert wurde, sich zu melden!
Bei der Behörde wusste man einzelne Bauten gar nicht irgendwelchen Eigentümern zuzuordnen.
Jahrzehntelang gab es keine Kontrollen und in Einzelfällen stellte sich heraus, dass selbst die Familien von Bürgermeistern dort bestimmte Gebäude wie Eigentümer nutzten.
Da kommt einiges an das Tageslicht.
Juristen kommen bei diesen Zuständen gerne mal auf die Idee zu fragen, wem denn bei derartigen Zustände eine "Beweislast" dafür obliegt, ob ein Bau legal oder illegal erbaut wurde.
Die Frage ist in zahlreichen Fällen gar nicht so einfach zu beantworten. In anderen Fällen dafür ganz einfach. Es waren einfach sog. Schwarzbauten.

In den unter Punkt 8. aufgezeigten Fällen sehe ich gute Aussichten, dass Costas Ausnahmen machen kann und wird.
Dies aus folgenden Gründen:
a) Eigentümer in der Meeres-Strandzone ist der Staat geworden.
b) Bekannten bzw. ermittelbaren tatsächlichen Besitzern und Nutzern könnte man einen Nießbrauch einräumen.
c) Es müssen Kontrollen dort stattfinden
d) Dort darf nicht im Rechtssinne gewohnt werden.
e) Es muss sich um Orte handeln, die für den Tourismus dieser Region von Bedeutung sind, im Falle La Palma z.B. für den Wandertourismus.
f) Dort dürfen keine gewerblichen Angebote gemacht werden.
g) Die in Frage stehenden Orte dürfen nicht an das öffentliche Straßennetz angeschlossen sein.
h) Eine "Urbanisierung" ist dort unwahrscheinlich bis ausgeschlossen.
i) Versorgungsleitungen aller Art existieren nicht oder werden unterbrochen.

Unter diesen Voraussetzungen kann ich mir durchaus vorstellen, dass man die "Siedlungen" so lässt, wie sie sind.

Was die Fälle unter 1 - 7 angeht, bin ich der Meinung, dass man auf diese Siedlungen verzichten kann und sollte.
Man muss immer im Auge behalten, dass man das Küstengesetz, das über Jahre derart missachtet wurde, jetzt gleichmäßig anwenden muss. Ansonsten würde der Staat eine Art von Vollzugsunfähigkeit demonstrieren, die auch auf anderen Gebieten fatale Folgen haben könnte.
Es ist schon ein großer Gewinn, dass jetzt in Spanien die gesamte Küste markiert wird.
Ich hätte mir das früher gewünscht!
Das Küstengesetz muss durchgesetzt werden, weil die bisherigen Zustände der Spekulation Tür und Tor öffneten.
Ein Land, das auch in Zukunft vom Tourismus leben will, muss gerade diesen Bereich in einem geordneten Zustand halten.
Gemeinden können die Auswirkungen des Küstengesetzes durch "Urbanisierungsmaßnahmen" mit dem Erlass entsprechender Bebauungspläne abschwächen.
Dann müssen sie dort aber auch für die notwendige Infrastruktur sorgen (Kanalisation, Wasser, Strom etc.)
Das werden viele Gemeinden nicht überall machen wollen.

FAZIT: Das Küstengesetz muss von Costas umgesetzt werden.

Fälle wie der nachfolgende müssten aber auch auch bald in Angriff genommen werden. Besonders hinsichtlich illegaler Hotelbauten besteht meines Erachtens noch ein bedenkliches Vollzugsdefizit!

9. Teneriffa - Der Fall Hotel Médano (noch nicht erledigt!)


Das Teil steht auf Stelzen mitten im Meer!
Man darf gespannt sein, wie der Fall erledigt werden wird.
In einer solchen Lage können keinen Hotels stehen.
Ich fühle mich übrigens auch in der Sicht auf die See behindert.
Dennoch habe ich dort schon logiert, allerdings nur eine Nacht auf der Durchreise!

Küstenschutz - Kann "Costas" Ausnahmen machen? (1)



Im Zusammenhang mit dem Küstenschutz haben kanarische Zeitungen und Radiosender in den letzten Jahren häufig das veröffentlicht, was sie aus den Rathäusern und Cabildos der Region erhielten.
Vieles war rechtlich unhaltbar und man wurde das Gefühl nicht los, dass "Costas" in der Öffentlichkeit schlecht gemacht werden sollte.
Hier als Link mal eine kleine Übersicht von Meldungen

Gestern las ich in Kaeptnboeffs Presseschau folgendes:

Die Küstenverwaltung Costas wird den Anexo II nicht abreißen. Das bestätigte der Verwaltungschef der Behörde, Carlos Cardenes, gegenüber der Presse. Cardenes erklärte, seine Behörde hätte keinerlei Interesse an gerichtlichen Auseinandersetzungen mit den Lokalbesitzern, die immerhin das Recht haben - so Cardenes - ihre Lokale weitere 60 Jahre in der Form zu nutzen, wie es jetzt geschieht. Interesse an einem Abriss hätten andere, zum Beispiel die Inselregierung Gran Canarias, und die sollten das dann auch selbst durchführen und Entschädigungen bezahlen, meinte der Sprecher der Küstenbehörde.
Meldung: Sands FM

Heute vermeldet Sands FM:
In der Gemeinde Maspalomas überlegt und diskutiert man derzeit über die Zukunft des Anexo II. Die Abrisspläne scheinen vom Tisch, jetzt will man die veraltete Einkaufsmeile "aufbessern und die Umgebung verschönern", so hieß es gestern aus dem Bürgermeisteramt. Die Lokaleigentümer dürfen lt. aktuellem Stand ihre Geschäfte für die nächsten 30 Jahre behalten, mit der Option auf weitere 30 Jahre. Sowohl aus der Gemeinde als auch aus der Inselregierung gibt es darüber viel Kritik. Und um der jetzt entgegenzuwirken soll endgültig verschönert werden - die Pläne dazu werden gemeinsam von den betroffenen Lokalbesitzern, Architekten und Vertretern der Gemeinde Maspalomas ausgearbeitet.

Zeitgleich lese ich in Kaeptnboeffs Presseschau folgendes:
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Bürgermeisterin Mari Pino Torres, Vertreter der Eigentümergemeinschaft und Carlos Cardenes von der Küstenschutzorganisation “Costas” suchen Lösungen für die vom Abriss bedrohte Shopping-Meile Anexo II am Strand von El Ingles. Eine Sitzung zur Klärung des Status des Shoppingcenters Anexo II in Playa del Ingles, die unter der Schirmherrschaft der Bürgermeisterin von San Bartolomé de Tirajana, Mari Pino Torres, am Montagmorgen (08. Juni) stattfand, lässt die Eigentümer des vom Abriss bedrohten Anexo II wieder hoffen. Carlos Cardenes, seines Zeichens Chef der spanischen Küsten-Demarkation, kurz: Costas, versprach am Ende der Unterredung, an der neben der Bürgermeisterin auch einige Besitzer von Gewerbeimmobilien am Anexo II teilnahmen, die “Rechtmäßigkeit eventueller anderer Lösungswege zu überprüfen”.
Eine dieser zu überprüfenden Lösungen könnte eine Konzessions-Verlängerung um weitere 30, bzw. 60 Jahre darstellen. In wie weit diese Lösung jedoch mit dem spanischen Küsten-Gesetz vereinbar ist, muss nicht in der Gemeinde San Bartolome de Tirajana, sondern bei der Zentralregierung in Madrid, der die Küstenschutzorganisation “Costas” untersteht, geprüft werden.
Meldung: Isla Canaria Net



Das hört sich alles sehr unterschiedlich an und mit den Regelungen des Küstengesetzes haben die Meldungsinhalte teilweise wenig zu tun. Es wird in einer Art "Papageien Journalismus" einfach unkritisch alles veröffentlicht, was einem als Pressemitteilung in die Hände fällt.

Wenigstens weist der Vertreter von "Costas" zutreffend darauf hin, dass eine Entscheidung über einen Abriss in Madrid getroffen wird.
Das hat folgenden Hintergrund:
Wenn sich die ín Frage stehenden Immobilien in der sog. Meeres-Strand-Zone befinden, dann sind sie öffentliches Eigentum, denn in dieser Zone kann es kein Privateigentum geben.
Welcher Bereich zur Meeres-Strandzone gehört, ergibt sich aus der Grenzlinie (deslinde marítimo-terrestre). Insoweit existiert ein Anhörungs- und Feststellungsverfahren, wobei die örtliche Küstenbehörde einen Entwurf der Grenzlinie entwirft und diese nach Anhörung der Eigentümer und einer öffentlichen Anhörung dem zuständigen Ministerium weiterleitet. Die endgültige Feststellung der Meeres-Strandzone erfolgt durch Ministerialbeschluss und rein äußerlich durch Markierung der Grenzlinie mit Grenzsteinen. Nach endgültiger Festsetzung der Grenzlinie erfolgt die Anweisung an den Grundbuchrichter, widersprechende Grundbucheintragungen mit einer Art Vormerkung zu versehen. Der betroffene Eigentümer hat die Möglichkeit, klageweise gegen diese staatlichen Maßnahmen vorzugehen. Erfolgt dies nicht, werden die zu Gunsten des Staates lautenden Vormerkungen zu Eintragungen .

Nach der Markierung dieser Zone durch die Küstenbehörde erfolgt danach eine Enteignung, die i.d.R. ohne Entschädigung des alten Eigentümers erfolgt.

Falls sein Gebäude Bestandsschutz genießt, kann er einen Antrag auf Nießbrauch stellen, der zunächst für 30 Jahre bewilligt werden und noch einmal um 30 Jahre verlängert werden kann.
Ein solcher Antrag setzt aber i.d.R. voraus, dass die in Frage stehenden Immobilien tatsächlich Bestandschutz genießen, also vor Geltung des neuen Küstenschutzgesetzes (1988) rechtmäßig dort erbaut wurden. Zum ganzen Thema siehe meine Beiträge unter dem Label Küstengesetz

Möglich wäre auch, dass sich die Gebäude in der sog. Schutzzone (zona de protección), die hinter der Meeres-Strandzone liegt, befinden. Die Schutzzone hat einen Streifen von 100 Meter ab der festgestellten Meeres-Strandzone.
Sie gilt als Dienstbarkeit (servidumbre), die privates Eigentum grundsätzlich duldet. Immobilien, die Wohnzwecken dienen, wie auch Hotels sollen grundsätzlich nicht in dieser Zone stehen, es sei denn es werden aufgrund ihrer außerordentlichen Bedeutung wichtige wirtschaftliche Gründe nachgewiesen.
Die zulässige Nutzung bedarf der Erlaubnis (autorización) der zuständigen Küstenbehörden.
Mit der Neuregelung aus 1988 darf ein 100 m breiter Schutzstreifen von der Küste an landeinwärts grundsätzlich nicht mehr bebaut werden, sofern kein rechtsgültiger Bebauungsplan vorhanden ist. Im Falle eines rechtskräftig festgestellten Bebauungsplanes beläuft sich die Breite der Schutzzone lediglich auf 20 m (urbane Zone).

Wenn ein evtl. Abriss in Frage stand, dann spricht das dafür, dass die Gebäude sich sogar innerhalb der Meeres-Strandzone befinden.

Sowohl in der Meeres-Strandzone als auch in der Schutzzone ist entscheidend, ob die Immobilien Bestandsschutz genießen, was i.d.R. der Fall ist, wenn sie vor Geltung des Küstenschutzgesetzes (1988) an dieser Stelle legal erbaut wurden.

Eigentümer, deren Gebäude keinen Bestandsschutz genießen, können eine Abrissverfügung erhalten und tatsächlich wurde von diesen Abrissverfügungen in vielen Fällen auch schon Gebrauch gemacht. "Costas" prüft derzeit in anderen Fällen, ob weitere Abrissverfügungen erlassen werden müssen.

Die Vertreter von "Costas" müssten sich daher hüten, im Falle Anexo II irgendetwas in Aussicht zu stellen. Das Küstengesetz regelt diese Fälle explizit. Eine spannende Frage ist allerdings, ob es in ganz besonderen Ausnahmefällen möglicherweise Ausnahmen geben könnte.
Das will ich später näher beleuchten.

Hinsichtlich des Falles Anexo II, ein Einkaufszentrum auf Gran Canaria, war vor kurzem folgendes zu lesen:
Die Lokalbesitzer des Anexo II in Playa del Ingles sind besorgt. Nach wie vor unklar ist, ob sie im Falle einer Enteignung tatsächlich finanziell entschädigt werden oder nicht. Die Küstenverwaltung hat angekündigt, keinerlei solche Entschädigungen zu bezahlen, die Gemeinde Maspalomas scheint sich nur halbherzig für das Thema zu interessieren. Eine Enteignung steht seit Jahren im Raum, nun könnte es aber tatsächlich konkret werden. Die Küstenverwaltung hat das Gebiet auf dem sich die ca. 80 Lokale befinden offiziell zum Küstengebiet erklärt und beim zuständigen Grundbuchamt bereits eine Enteignung angekündigt.
Meldung: Sands FM


Diese interessante Meldung stammt vom 13. Mai 2009. Entschädigungen werden nicht bezahlt, weil das spanische Verfassungsgericht in der Nießbrauchsmöglichkeit eine Art "Entschädigung" sieht, die i.d.R. ausreichend sei. Wenn die Immobilien enteignet wurden, dann stehen sie im der "zona marítima terrestre", der öffentlichen Meeres-Strandzone.
Interessant ist aber der versteckte "Hinweis" des Costas Vertreters in der Meldung vom gestrigen Tage:
Interesse an einem Abriss hätten andere, zum Beispiel die Inselregierung Gran Canarias, und die sollten das dann auch selbst durchführen und Entschädigungen bezahlen, meinte der Sprecher der Küstenbehörde.


"Costas" hatte schon in anderen Fällen betont, dass man für gewerbliche Betriebe keine Ausnahmen vom Küstenschutz machen könne.
Viele Eigentümer, deren Häuser bereits abgerissen wurden, warfen der Behörde aber in der Vergangenheit vor, auf einem Auge blind zu sein und stellten zurecht die Frage, wann man denn gegen Hotels, Einkaufszentren und andere gewerbliche Eigentümer vorgehen wird, deren Betriebe auch im Schutzbereich der Meeres-Strandzone oder der Schutzzone liegen.

Grundsätzlich muss man dazu sagen, dass es auch in Spanien natürlich keine Gleichheit im Unrecht geben kann. Die Tatsache, dass man gegen andere rechtswidrige "Zustandsstörer" noch nicht vorgegangen ist, kann gerade nicht im Verfahren gegen das Einschreiten der Behörde im eigenen Zustandsstörerfall geltend gemacht werden. Im Unrecht hat man keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Im übrigen muss man der Behörde bei der Auswahl der Zustandsstörer ein Ermessen zubilligen, das vermutlich noch nicht einmal gerichtlich voll überprüfbar sein dürfte.
"Costas" hat alleine auf den Islas Canarias mehrere Hundert Fälle des verst0ßes gegen das Küstengesetz zu bearbeiten. In ganz Spanien sind es Tausende Fälle.
Die Behörde muss diese Fälle nach einer eigenen Behördentaktik bearbeiten können.
Klar ist aber auch, dass die Behörde Recht und Gesetz verpflichtet ist.
Ein schuldhaftes Unterlassen des Vorgehens gegen rechtswidrige Zustände wird man sich auch nicht erlauben können, denn dies könnte durchaus in Einzelfällen Dienstaufsichtsverfahren zur Folge haben. Auch müsste man in derartigen Fällen das zuständige Umweltministerium ermahnen, das ja rechtlich für das Funktionieren der Küstenschutzbehörde verantwortlich ist.

Interessant bleibt aber der Hinweis des Costas Vertreters auf evtl. Entschädigungsleistungen der Gemeinden, in deren Gebiet sich vom Abriss bedrohte gewerbliche Immobilien befinden.
Möglicherweise haben Eigentümer ja die Grundstücke, die sich in der Meeres-Strand-Zone befinden, von Gemeinden gekauft. Unabhängig von der Tatsache, ob sie ein Nießbrauchrecht erhalten, verlieren die Eigentümer auf jeden Fall ihr Eigentum durch Enteignung. Sie können die Immobilie weder verkaufen noch erweitern oder vererben.
In diesen Fällen kommen in der Tat Ansprüche gegen die Verkäufer in Betracht, wie ich in Teil IV meiner Reihe zum Küstengesetz bereits ausgeführt habe.

In diesen Fällen muss man auch die Frage stellen, wie denn in diesem bereich Baugenehmigungen erteilt oder Bebauungspläne verabschiedet werden konnten. Besonders, wenn Bauten nach 1988 mit Genehmigung erbaut wurden, können sich die Genehmigungserteiler kaum rausreden. Bei den Gemeinden hat das Küstengesetz bekannt zu sein! Vermutlich war das auch der Fall, aber man hat es halt nicht so genau genommen.

Eine andere Frage ist, warum die Schutzone im ganzen Land erst so spät von "Costas" markiert wurden.
Die Tatsache, dass man sich in Madrid lange nicht um die Einhaltung der Regelungen des Ley de Costa gekümmert hat, rechtfertigt jedenfalls nicht die, teilweise bewusste, Missachtung des Gesetzes durch Gemeinden und die "Immobilien-Mafia".

Im Falle eines erlaubten Nießbrauches (30 bzw. 60 Jahre) kann man meiner Meinung nach auch keine "Umbauten" vornehmen, gebäudeerhaltende Maßnahmen wären aber wohl erlaubt.
Insoweit muss folgende Meldung von heute verwundern:

In der Gemeinde Maspalomas überlegt und diskutiert man derzeit über die Zukunft des Anexo II. Die Abrisspläne scheinen vom Tisch, jetzt will man die veraltete Einkaufsmeile "aufbessern und die Umgebung verschönern", so hieß es gestern aus dem Bürgermeisteramt. Die Lokaleigentümer dürfen lt. aktuellem Stand ihre Geschäfte für die nächsten 30 Jahre behalten, mit der Option auf weitere 30 Jahre. Sowohl aus der Gemeinde als auch aus der Inselregierung gibt es darüber viel Kritik. Und um der jetzt entgegenzuwirken soll endgültig verschönert werden - die Pläne dazu werden gemeinsam von den betroffenen Lokalbesitzern, Architekten und Vertretern der Gemeinde Maspalomas ausgearbeitet.
Meldung: Sands FM


Ich wage zu behaupten, dass in dieser Zone auch das "Aufbessern und Verschönern" nicht so ohne weiteres erlaubt ist, wenn ich mir die Regelungen des Küstengesetzes ansehe.
Jedenfalls ist der Nießbraucher normalerweise nicht berechtigt, die Sache umzugestalten oder wesentlich zu verändern.

Jeden Tag eine neue Meldung. Wir dürfen gespannt sein, wie es weiter geht.
"Costas" arbeitet auf jeden Fall auf Hochtouren.

Im zweiten Teil werde ich weitere Einzelfälle aus La Palma und La Gomera beleuchten und auf Tatbestände eingehen, die ich als echte Ausnahmetatbestände bezeichnen will.
Offenbar scheint "Costas" nach Gesprächen mit einzelnen Gemeinden in ganz engen Grenzen Ausnahmetatbestände zu sehen.
Dazu später mehr!