Dienstag, 21. April 2009

Heldengeburtstag!

Heute haben zwei unserer Helden Geburtstag:

Iggy Pop



&

Robert Smith




Bleibt um Gottes Willen gesund!

Küstengesetz (Teil 1)

Seit Monaten ist das "Spanische Küstenschutzgesetz" in den Foros de Canarias viel beachtetes Thema.

Für die Leser des Fuerteventura Forums hier ein Suchvideo.
Frage: Welche Objekte stören in diesem Video?


Na, was gefunden?

Zum weiteren Einstieg in die Problematik der Verunstaltung von Küsten hier ein Beispiel aus dem Parque Natural de los Dunas de Corralejo: So sieht es aus, wenn etwas gewaltig schief läuft.

Original von Janne
...
Oder Vilaflor könnte uns mal aufklären?

Böze Zungen behaupten, er sammelt Geld für grüne Farbe seines Bulldozer-Anstrichs im Greenpeace-Look um in tabula-rasa -Manier ganz Majanicho einzuebnen Lach

Träume weiter Süße ...
Micha0815

Nun, lieber Micha 0815, es war vor diesem, den mafiösen Machenschaften im Municipio La Oliva geschuldeten, Verbrechen eine Ebene.
Ich war aber schon da und habe das Areal für die Einebnung vorbereitet!
Sie haben Vila Televisión reingelassen und sogar Häuser zum Verkauf angeboten.

Nur wer soll da auf Dauer wohnen?

Das höchste kanarische Gericht hat diese Siedlung für illegal erklärt.
Lassen wir einen britischen Kollegen zu Wort kommen: The Majanicho Origo Mare Disaster

Für unsere deutschen Leser: Der Wahnsinn hat Methode!!


Das Dumme ist, dass selbst die besten Bulldozer möglicherweise machtlos sind. Wenn dieser Horror erst einmal in´s Werk gesetzt ist, kann das Illegale manchmal kaum noch beseitigt werden.

Auf Lanzarote scheint man vor der Macht des Kriminellen inzwischen zu kapitulieren. Völlig illegale Hotels sollen jetzt möglicherweise doch nicht beseitigt bzw. abgerissen werden.

Drehen auch bei "Costas" schon erste Amtswalter durch?
Was läuft da falsch?


Liebe Leser, wir sind beim Thema!

Was liest man im ForumTeneriffa.de zum Küstenschutzgesetz?
Im La-Isla-Bonita Forum beschäftigt man sich u.a. HIER mit der Problematik Ganz aktuell auch im Thread "Costa auf La Palma". Fluch oder Segen.
Im El Mentidero Forum liest man unter Birne kommt oder auch unter Playa de Santa Cruz.
Im Gran Canaria Forum wird das Thema in Nix wie weg aus Spanien aufgegriffen.
Im Lanzarote Forum ermittelt Frau Dr. Aurora in Illegale Baulizenzen und Leben am Rande des Abgrundes.

Ja, teilweise tun sich wirklich Abgründe auf.
Die agile Frau Dr. Aurora führt weiter aus:


16.04.2009 Häusern von Tenesar droht baldiger Abriss

Tenesar ist eine kleine, urige Häuseransammlung an der Westküste von Lanzarote. Seit einigen Jahren erhalten die Besitzer der Häuser regelmäßig Post von der Küstenschutzbehörde ‘Costas’ mit dem Hinweis, dass die Häuser auf öffentlichem Grund und in der Küstenschutzzone liegen würden.

Seit einigen Tagen gibt es erneut Post von Costas, deren Inhalt die Besitzer in Angst und Schrecken versetzt, denn es wird eine Frist von nur 10 Tagen eingeräumt innerhalb derer nachzuweisen ist, dass es sich bei den Hausgrundstücken nicht um öffentlichen, sondern um privaten Grund und Boden handelt. Wird dieser Nachweis nicht erbracht, erfolgt der Abriss.

Der Bürgermeister von Tinajo, Jesús Machín, hat angekündigt, umgehend Einspruch zu erheben gegen das von Costas ausgesprochene Wegerecht, das sich nach Meinung des Stadtrats auf eine zu große Fläche bezieht.

Die Kanarische Regierung plant zur Zeit ein Regionalgesetz, um den Abriss ‘ethnographisch wertvoller’ Küstenorte zu verhindern (mehr dazu in einem Wochenblatt-Artikel

Die Zeit wird knapp, denn auf den Kanaren sind bereits die ersten urigen Siedlungen im Auftrag von Costas abgerissen worden.

Die Eigentümer der zahlreichen, direkt an der Küste aus dem Boden gestampften Hotels und Apartmentanlagen haben derartige Costas-Schreiben noch nicht erhalten.




Der Wochenblattartikel hat es in sich. Jetzt scheinen einige Politiker mit einem "Sonder-Regionalgesetz" die angeblich folgenschwersten Punkte des Ley de Costas abschwächen zu wollen.
Klingt fast wie "Autonome Revolution", denn mit einem derartigen Gesetz würden die Islas Canarias ihre Kompetenzen weit überschreiten und die spanische Regierung dürfte das Gesetz beim Verfassungsgericht anfechten, denn ein derartiger Präzedenzfall könnte auch in anderen autonomen Regionen viele Nachahmer finden und das Ley de Costas völlig aus den Angeln heben.

Geht das?
Natürlich nicht!!!

Nachfolgend will ich mich deshalb mal etwas näher mit dem Ley de Costas und seinen Auswirkungen beschäftigen.

Zunächst einmal darf ich folgende Frage stellen:

Warum nur hat der spanische Staat 1988 ein Küstenschutzgesetz erlassen?
Man muss etwas weiter zurückgehen, um den eigentlichen Grund für das Gesetz zu finden.
Der Küstenschutz wurde bereits 1978 im Artikel 132 der spanischen Verfassung verankert. Im Artikel Art. 132 ist geregelt, dass die Meeresstrandzone zum unveräußerlichen und auch nicht durch Ersitzung zu erwerbenden öffentlichen Eigentum gehört.

Bekanntlich hatten geldgierige Spekulanten schon früh damit begonnen, die schönsten Küsten regelrecht zuzubetonieren.
Helfer und Helfershelfer hatten sie in vielen Gemeinden der autonomen Regionen.
Um dieser erkannten Landschaftszerstörung Einhalt zu gebieten, hat der spanische Gesetzgeber 1988 das sogenannte Küstenschutzgesetz (Ley de Costas) erlassen.
Darin ist sehr genau festgelegt in welchem Abstand von der Küstenlinie gebaut werden darf, bzw. nicht gebaut werden darf.

Der Küstenstreifen ist in drei unterschiedliche Schutzzonen aufgeteilt worden, in die Meeres-Strandzone mit der Ausschließlichkeit öffentlichen Eigentums, die 100m (höchstens aber 200m) breite Schutzzone (servidumbre de protección) und die nach Art. 30 LC grundsätzlich 500m breite Einflusszone (zona de influencia).

Beispiele für die Meeres-Strandzone:
- Alle vom Wasser umspülten Flächen

Diese reichen bis zu dem Landpunkt , welchen Wellen bei Sturmfluten erreichen, dazu gehören auch solche, die nur gelegentlich überflutet werden.

- Andere Flächen

Dünen und die vom Meer aus ansteigenden Felsenküsten gehören bis zu ihren Gipfeln zur Meeres-Strandzone.

- Sämtliche in der Meeres-Strandzone befindlichen Objekte sind öffentliches Eigentum.

- Artikel 8 Ley de Costas regelt, dass

private Rechte, selbst wenn diese im Grundbuch eingetragen sind, insbesondere Privateigentum etc., NICHT neben dem öffentlichen Eigentum zulässig sind.

Schutzzone: Zona de protección

Die Schutzzone, die hinter der Meeres-Strandzone liegt, hat einen Streifen von 100 Meter (höchstens aber 200m) ab der festgestellten Meeres-Strandzone. Sie gilt als Dienstbarkeit (servidumbre), die privates Eigentum grundsätzlich duldet. Immobilien, die Wohnzwecken dienen sowie Hotels sollen grundsätzlich nicht in dieser Zone stehen, es sei denn, es werden aufgrund ihrer außerordentlichen Bedeutung wichtige wirtschaftliche Gründe nachgewiesen. Die zulässige Nutzung bedarf der Erlaubnis (autorización) der zuständigen Küstenbehörden.


Einflusszone (zona de influencia):


- Hier ist Bebauung zulässig.

Verkehrszone (servidumbre de tránsito):

- Streifen von 6 Metern ab der Meeresgrenze mit der Möglichkeit der Erweiterung auf 20 Meter. Dies ist eine Dienstbarkeit, um die Zufahrt zur Strandzone zu ermöglichen.

Das Ley de Costa dürfte eines der meist missachteten Gesetze auf spanischen Territorium sein.
Die zuständige staatliche Küstenschutzbehörde hat sich jahrzehntelang um die Einhaltung des Küstenschutzes nicht so gekümmert, wie man das hätte erwarten können.
Allerdings erhielt sie auch nie die erforderlichen Informationen von den Gemeinden, denn viele Gemeinden sammelten gar keine Informationen über Bauten an den Küsten des Gemeindegebietes.

Durch Art. 132 und 45 der spanischen Verfassung stehen dem Privateigentum also andere bedeutende, ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestattete, Positionen wie "das Recht aller am Meeresstrand" und der Umweltschutz entgegen.
Artikel 45 der spanischen Verfassung normiert es eindeutig: Die öffentliche Gewalt hat für den Schutz der Umwelt, deren Nutzung der Allgemeinheit zusteht, Sorge zu tragen.

Das lässt sich zunächst hören und jeder vernünftige Mensch dürfte dies auch begrüßen.

Der Obersatz lautet also: Der Strand gehört allen!

Genau so ist es und deshalb kommt das am 29.07.1988 in Kraft getretene spanische Küstengesetz (Ley de Costas, LC) nur dem durch die Verfassung begründeten Auftrag nach, diesen Bereich gesetzlich näher zu regeln.

Juristen formulieren es gerne so: Ein Blick in dasGesetz und dessen Materialien erleichtert die Rechtsfindung!!

Mit dem Ley de Costas verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, dem Phänomen der Zerstörung und Privatisierung der Küste entgegenzutreten.

Nichts anderes macht die Behörde "Costas", auf den Canarias heisst sie "Demarcación de Costas".

Die Mitarbeiter der Behörde haben sicher kein einfaches Leben. Costas wird häufig als inselfeindlich dargestellt, dabei versucht die Behörde nur, das aufzuarbeiten, was kommunale Behörden der autonomen Region Canarias in den letzten Jahrzehnten so "verbrochen" haben, als sie Genehmigungen erteilten, untätig waren bzw. in einem speziellen Sumpf kanarischer "Vetternwirtschaft und Korruption" der Verbauung kanarischen Küsten Vorschub leisteten.
Grundstücke in Meernähe waren schon immer heiss begehrte Spekulationsobjekte und genau die will und muss das Ley de Costas verhindern.
Natürlich kann man fragen, warum man nicht schon seit Mitte 1988 das Gesetz zielgerichtet durchgesetzt hat?
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass viele Bauwerke in Küstennähe aktuell gegen dieses Gesetz und andere Gesetze verstoßen.

Besonders wichtig ist im Gesamtzusammenhang auch, sich die Zuständigkeiten staatlichen Handelns klarzumachen und dabei streng die zuständigen Körperschaften auseinanderzuhalten. Dabei kommt man schnell auch auch zu den Behörden auf den Inseln, die trotz Pflicht zur Prüfung und Überwachung schlichtweg durch Unterlassen und Wegschauen geglänzt haben.

Demarcación de Costas ist eine Behörde des spanischen Staates, welche dem Umweltministerium direkt unterstellt ist.
Davon zu unterscheiden sind Behörden der Kommunen auf den Inseln, welche z.B. Baugenehmigungen ausgestellt haben, Grundsteuern erhoben, die Erschließung einleiteten oder einfach wegschauten, wenn an der Küste Casitas entstanden. Teilweise hatten sogar die Hauptverwaltungsbeamten der zuständigen Gemeindeverwaltungen in Gebieten Häuschen, die dort laut Küstenschutzgesetz gar nicht hätten stehen dürfen. Viele dieser Streusiedlungen im "Aussenbereich" wurden gar nicht gemeindlich erfasst und kontrolliert. Man überlege sich das!!

Spätestens an diesem Punkt dürfte die Seele vieler deutscher Residenten kochen, denn aus Deutschland sind sie doch gewohnt, das alles seine schöne Ordnung hat und dass es Katasterämter und Grundbücher gibt, die alles aufklären und Rechte sichern können.
Sie kennen möglicherweise den deutschen Eigentumsbegriff und das deutsche Recht der Enteignung und wünschen sich, dass dieses ordentliche deutsche Eigentums- und Enteignungsrecht eine Art Welteigentumsrecht werden möge, weil doch in Deutschland alles so vorbildlich ordentlich zugeht und man doch das Eigentum eines Deutschen im Ausland ganz besonders schützen müsse.

Nehmen wir es vorweg: Hüte Dich vor Sturm und Wind und Deutschen die im Ausland sind und hüte Dich vor der spanischen Gesetzgebung, die vieles ganz anders sieht als die deutsche. Glücklicherweise, werden da viele Spanier sagen, denn sie wollen nie "Klein Deutschland" werden. Auf keinen Fall!!

Im zweiten Teil werfe ich u.a. einen näheren Blick auf das Anhörungs- und Feststellungsverfahren für die einzelnen Zonen und beleuchte den Unterschied zwischen dem spanischen und dem deutschen Eigentumsbegriff.

Ausserdem gehe ich auf spezielle Fallbeispiele auf den Inseln ein.

Erstes Fazit: Ich bin froh, dass es "Costas" gibt und halte die Arbeit der Behörde für sehr wichtig.
Zwischen den Gemeinden, "Costas" und dem Umweltministerium muss aber in besonderen Fällen mehr kommuniziert werden. Nicht alles, was an den Küsten steht, muss zwangsläufig weg, was sich in den kommenden Teilen zeigen wird.
Interessant ist auch ein Blick darauf, ob und wie Eigentümer vom Staat aus Enteignungsgesichtspunkten zu entschädigen sind, inwieweit "Amtshaftungsansprüche" in Frage kommen und welche privatrechtlichen Ansprüche der betroffenen Grundstückseigentümer gegen ihre Vertragspartner bestehen können.
Selbst die Problematik der "Rückwirkung" von Gesetzen ist im Gesamtzusammenhang einschlägig.

Ein wirklich interessantes Thema, das es wert ist, sehr genau beleuchtet zu werden.