Freitag, 23. Januar 2009

Der lange Marsch V

Der lange Marsch V

Streckenverlauf von Ayagaures:




Die nachfolgende Schilderung betrifft die Zeit von 23.00 Uhr am 22.12.2008 bis 10:00 Uhr am 23.12.2008.
Eine lange Zeit, mit vielen Eindrücken der Nacht, der werdenden Tages und des "Gran Canarischen Morgens".

Zunächst einmal war ja die Frage links hoch oder rechts runter zu beantworten.
Ganz klar, links hoch.
Nach einiger Zeit strammen Gehens blieb ich stehen und setzte mich auf einen großen Stein am Wegesrand.
Was soll jetzt geschehen?
Wird weiter geklettert und am zweiten Etappenziel San Bartolomé festgehalten oder geht es nach Maspalomas, natürlich nicht auf dem gleichen Weg, den ich von Ayagaures aus bisher gegangen war.
Irgendwie hatte ich von Klettereien die Nase voll und in San Bartolomé würde ich ja auch erst spät in der Nacht ankommen. Und dann noch der Weg nach Fataga!
Die Nacht ist ohnehin gelaufen, dachte ich mir, also fasste ich den Entschluss, den "Pilancones" zu umrunden und unmittelbar nach Sonnenaufgang das Ziel "Monte Leon" anzusteuern.
Bis zum Morgengrauen könnte es schon dauern, bis ich am Ende des "Pilancones-Rundweges" sein würde. Mir war bekannt, dass der irgendwann aufhört und man dann auf Pfaden bis zu einer Siedlung gelangen kann, die sich oberhalb von Ayagaures befindet.
Da wäre ich ja fast wieder am Ausgangspunkt der Tour gewesen, die ich gegen 18:30 Uhr begonnen hatte.
Ich hatte noch einige Higos, aber leider nichts mehr zu trinken.
Es ging ein ganz schöner Wind und die Luft war von hoher Feuchte. Bis zum Morgen würde ich auch ohne Wasser auskommen können.


O.K., so wird es gemacht!!! Auf geht´s!
Gehofft hatte ich auch darauf, dass ich irgendwann mal einen Ausschlag auf dem verdammten Mobile haben würde, was für den Fall ganz gut wäre, falls Assergewöhnliches eintreten sollte. Na ja, bisher lief ja alles glatt!
Ich war gar nicht weit vom ursprünglich geplanten Ziel San Bartolomé entfernt. Man hätte etwas klettern müssen, aber der oberhalb liegende Weg nach San Bartolomé wäre erreichbar gewesen.
In der Dunkelheit wollte ich aber nicht mehr groß klettern, der Pfad vom Barrancobett zum Etappenziel I hat mir schon gereicht.
Also schaute ich auch nicht mehr groß nach Möglichkeiten, nach rechts oben aufzusteigen.
Klar war mir aber, dass ich irgendwann mal etwas ruhen müsste. Das hatte ich mir so zwischen 4.00 und 6.00 Uhr vorgenommen. Bis dahin war ja noch genügend Zeit zum "Nachtwandern" und ich kam in "Kannenberg Manier" wirklich sehr gut voran.
Befinden: Noch topfit!
Auch mental hatte ich mich angesichts der Situation 100% auf das Ziel "Monte Leon" eingestimmt. Dabei musste ich auch ab und zu an Justus Frantz denken, der ja auf dem Monte Leon immer ein schönes "Finca Festival" veranstaltet.

Man glaubt gar nicht, was einem bei einer derartigen Nachtwanderungen so alles durch den Kopf geht. Nacht "Wunderung" möchte ich es fast nennen.
Aber es ging bestens voran, immer auf und ab, auf und ab, auf und ab .......
Ja, so ist das bei der Pilancones Umrundung.
Lust zu fotografieren hatte ich auch nicht mehr. Was auch.

Hier mal drei Karten über Standort, Wegemöglichkeiten und meine Planungen bis zum frühen Morgen.





Gegen 3.00 Uhr war ich am Ende des Weges angekommen. Rechts zwei auffällige Steinmännchen. Da geht es weiter, keine Frage, aber das Gelände war mir in der Dunkelheit einfach zu gefährlich.
Ich beschloss mir einen Überblick zu verschaffen und auf den "höchsten Punkt" zu klettern, den es dort gab. Die "Lichter des Südens" müsste ich von oben sehen.
Gesagt, getan und so ging es auf allen Vieren immer schön nach oben. Jede Menge Geröll auf dem Weg nach oben, aber ich kam voran.
Geschafft!
Oben standen einige Pinien, es wehte ein strammer Wind und ich sah, was ich sehen wollte. Die Lichter des Süden, Maspalomas, Playa del Inglés und weitere Siedlungen.

Wo war ich?
Mein "Nachtlager" war hier:




Mir war klar, dass ich in der Dunkelheit nicht mehr absteigen kann und so suchte ich nach einem steinigen Plätzchen für ein Nickerchen in luftiger Höhe. Ich fand einen Stein mit Lehne und versuchte zu ruhen.
Im Halbschlaf auf die Morgendämmerung warten. Bis zur Dämmerung immer wieder das gleiche Prozedere: Ruhen, Augen zu und abschalten, dann wieder aufstehen und auf dem "Vulkan" etwas gehen. Letzteres war gar nicht so einfach, weil auch oben jede Menge Geröll in der Gegend lag. Ab und zu eine Feige essen.
Telefon?
Natürlich auch hier kein Auschlag, war klar!


Um 7:30 Uhr stieg ich dann vom "Nachtlager" ab. Immer schön vorsichtig.
Es dauerte ca. 20 Minuten, dann stand ich wieder am Ende des Waldweges bei den beiden Steinmännchen und konnte bei Helligkeit sehen, wo ich weitergehen kann.
Einen kleinen Abhang hinab und dann gelangte ich auf den Pfad, der nach Maspalomas führt.

Im Hintergrund des Bildes mit dem Abhang auf der rechten Seite ist übrigens mein "Nachtlager" zu sehen. Ich nenne den Vulkan ab sofort "Volcan Navidad".


Erstes Ziel ist eine Siedlung direkt am Abhang oberhalb von Ayagaures.

Der Pfad nach Süden führt durch ein Gebiet, das beim letzten großen Brand arg gelitten hat.
Die Natur ist derzeit dabei, sich zu regenerieren.
Regenerieren musste ich auch dringend.
Der Durst meldete sich jetzt schon ganz erheblich.
In der nächsten Siedlung muss ich in jedem Fall nach Wasser fragen.
Vor dem Wasser war aber noch ein Hindernis zu überwinden.



Gegen 8:45 Uhr stand ich mal wieder an einem Abhang.


Bis zu diesem Punkt war der Pfad vorbildlich durch Steinmännchen gekennzeichnet. Das sollte sich auch auf dem Weg nach unten fortsetzen.



In 15-20 Minuten werde ich in einer Siedlung ankommen, von der aus man einen schönen Blick auf Ayagaures hat.

Jetzt aber erst einmal vorsichtig den Abhang herunter und dabei immer auf die Steinmännchen achten.











Als ich in der Siedlung oberhalb von Ayagaures ankam, fragte ich einen älteren Herrn, ob er mir eine Flasche Wasser verkaufen könne.
Der nette Mann schenkte mir eine große Flasche und gab mir sogar noch Früchte mit.
So sind sie, die Leute auf dem Land.
Ich war also um 9:30 Uhr an einem Ort angekommen von dem aus ich einen schönen Blick auf die kleine Plaza in Ayagaures hatte, von der ich am letzten Abend gegen 18:30 Uhr aus gestartet war.

Auf dem Weg in Richtung Mirador Pedro Gonzáles kamen mir schon die ersten Morgenwanderer entgegen. Es waren natürlich Deutsche und so grüßte man sich höflich im Vorbeigehen.





Gegenüber war auch gut der Weg sichtbar, den ich am Vortag von Fataga aus in Richtung Ayagaures gegangen war.
Der lange Marsch war also am 23.12.2008 um 10.00 Uhr bereits 19 Stunden alt.
Er war aber noch nicht zu Ende.
Wie es weiter ging, erfahrt Ihr im Teil VI des langen Marsches. Das ist dann aber wirklich der letzte Teil.